Perlenriff

Kapitel 22: Schattenzorn

04.12.2016 17:30

Mit jedem Tag zog sich das Froschflussdelta weiter zurück. Das Wasser machte Platz für den fruchtbaren Grund der mit dem Flussschlamm angeschwemmt wurde. Die Regenzeit war endlich vorbei und die Sonne zwang die Natur sich in dieser Region von ihrer fruchtbarsten Seite zu zeigen.

Wunderschöne Ambrosia Blumen in allen Farben wuchsen überall und verbreiteten einen berauschenden blumigen Duft.  Die Einheimischen sammelten die Blüten und machten daraus einen Sud der natürlich fermentiert wurde und köstlicher schmeckte als jeder Met.  Der Ambrosia Nektar wurde gebraut zu Ehren Atayas und dem Fruchtbarkeitsfest welches jedes Jahr nach der Regenzeit stattfand.

Ampira atmete die frische gereinigte Luft tief in ihre Lungen. Die Zeit in Lor Tac war wie im Flug vergangen und sie hatte diese wundersamen Katzenmenschen ins Herz geschlossen, sie war ein Teil von ihnen geworden und wurde auch ehrenvoll "Hüterin Ampiria" von ihnen genannt. Nachdem der Reisestein sie vor Monaten nach Yaltepetl brachte und sie den Kontakt mit den Einheimischen aufsuchten war schnell klar, sie mussten warten bis das Froschflussdelta seine geheimen Baumdörfer wieder freigibt. Luzifer war solange unerreichbar. Chocolatie hatte ihnen erzählt das Itztic bei ihm war, ein alter weiser Schamane und sie sich keine Sorgen um Luzifer machen mussten. Sogar die verbotene Macht schien mit der Regenzeit eine Atempause eingelegt zu haben.

"Ampi ich muss dir was zeigen", meinte Grmpf der sich zu Ampiria gesellte. "Was ist los mein Freund?" erwiderte sie. Grmpf zog ein Schwert aus einem Beutel und legte es langsam und vorsichtig vor sie auf den Boden. Ampiria konnte ihre Augen nicht von dem Schwert nehmen und merkte wir ihr Atem stockte, "Wo hast du es her?". Grmpf lachte und genoss sichtlich die Verwunderung in Ampirias Gesicht. "Meine Freundin Nonami aus der Kammer der Seelen, hat mir ihre heimlichen Schätze alter Raubzüge gezeigt und wollte, dass ich mir etwas davon aussuche. Allerdings mit der Bedingung es als Geschenk auszusuchen. Ich konnte nicht widerstehen und ich weiß das "Schattenzorn" hier auf dich gewartet hat. Es ist dein Schwert". Sie wusste nicht ob sie nun lachen oder weinen sollte vor Freude und drückte dem überraschtem Grmpf einen Kuss auf die Wange. Ampiria hätte schwören können ein leichtes erröten bei Grmpf gesehen zu haben. Sie Griff das Schwert und fing an es in die Luft zu wirbeln. Leicht und behände dreht sie es und wirbelte sie es in der Luft um ihren Körper. Es war ein Tanz den sie mit dem Schwert ausführte und das strahlen in Ihren Augen verriet wie gut das Schwert in ihrer Hand lag.

Sie stoppte abrupt mit dem Schwert nah an ihrem rechten Ohr, mit der Spitze auf Grmpf gerichtet. Mit einem verwegenen Grinsen im Gesicht winkte sie ihm provozierend zu. Grmpf lachte laut und stand auf mit einem lauten Stöhnen und lockerte seinen Nacken sodass sein langer dicker Zopf am Hinterkopf hin und her peitschte, "aber lass meinen Zopf in Ruhe, du weißt ich hänge daran kleine Hüterin sonst muss ich dein süßes Näschen ein wenig stutzen". Er hob sein Beil und drehte sich schneller als man es dem kräftigen Krieger zutraute um zum Schwung auszuholen. Von weitem konnte man die Kampfschreie und das Stöhnen hören, unterbrochen von den starken heftigen Waffenschlägen, Metall auf Metall. Nur am Lachen zwischendrin konnte man hören wie sehr sie den Trainingskampf genossen.

Nur einige Baumhäuser weiter am Rande von Yaltepetl traf Azzyl andere aber auch wichtige Vorbereitungen. Er hatte den Tag damit verbracht sich für das Fruchtbarkeitsfest ausstatten zu lassen. Er hatte sich in eine Katzendame verliebt und wollte die Nacht des Festes nutzen um ihr seine Gefühle zu erklären. Er reinigte sich in einem rituellen Bad zusammen mit den Kriegern des Dorfes und bekam eine große Tätowierung auf die Brust gestochen. Ab und zu ließ er einen zischenden Ton hören, wenn die Nadeln wieder etwas zu tief in den Muskel stachen. Nonami wollte Azzyl nicht verraten was sie tätowierte und sprach unaufhörlich. Er hatte aufgehört zu fragen was sie erzählte und ließ es über sich ergehen. "Großer Azzyl muss Abend sein Geist kennenlernen, Geist auf die Reise schicken. Wichtig für Ataya. Der Geist wird tragen dich an Ort von Schicksal. Nicht vergessen das Schicksal verändert werden kann…nichts steht fest."

Rhythmische Trommeln und Sprechgesang kündigten den Anfang des Festes an. Grmpf und Ampiria hatten sich nach ihrem Trainingskampf noch frisch gemacht und feierlich gekleidet. Azzyl kam in Tol Tac Tracht und zeigte seinen Freunden stolz seine Tätowierungen. Ampiria schnalzte mit der Zunge und meinte.,"Wauuuu...du sieht gut aus Azzyl...wenn da nicht "jemand" schwach wird dann weiß ich es auch nicht mehr". Natürlich wusste Ampiria von seinen Gefühlen und bewunderte diese kleine geschickte Katzenkriegerin sehr.

Von Nonami hatten sie gehört das im Laufe des Abends alle anerkannten Krieger des Stammes ihren Astralgeist kennenlernen mussten und damit auf die Reise geschickt wurden, eine rituelle Astralreise die jeder allein machen musste. Ambrosia floss in Mengen durch die Kehlen der Männer und Frauen und einige Liebespaare setzten sich unter heilige Bäume und nutzten die Gunst der Nacht um ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Chocolati baute sich vor Ampiria auf und fragte: "Bereit um deinen Geist zu empfangen?" Ampiria nickte und legte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Chocolatie nahm sein Blasrohr und füllte es an der Oberseite mit einer Paste und legte das andere Ende an ihre Lippen. Chocolatie blies kräftig in das Rohr und die Paste wurde in Ampirias Lungen geblasen. Nach heftigem Husten setzte sie sich auf im Lotussitz und schloss die Augen, sie war bereit die Reise anzutreten.

Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, sie konnte ihren kraftvollen Körper spüren und wir energisch und schnell ihr Herz schlug. Sie rannte mit großen Sprüngen in den Dschungel und ihre mächtigen Pranken berührten dabei kaum den Boden so schnell rannte sie in die Dunkelheit. Sie und ihre Panterin Anima waren in diesem Augenblick eins.  Sie rannte auf eine Waldlichtung zu und erklomm den dicken Stamm einer Baumhütte. Die schwarze Raubkatze näherte sich langsam der Hütte auf dem Baumplateau, immer näher zum Fenster und blickte hinein. Ein kleiner eingeborener Magier saß auf dem Ende eines Bettes und kicherte laut. Sie konnte das Gesicht nicht erkennen aber war sich sicher, dass es Itztic sein musste.

Auf dem Bett lag ein langer muskulöser Mann der zu schlafen schien, er drehte sich langsam auf die Seite zu ihr und öffnete seine Augen und blickte sie an. Schwarze seelenlose Augen blickten leer mitten in Ampiria‘s Herz welches anfing zu stechen. Itztic drehte sich mit blutigen Händen zu ihr und nun konnte sie eine klaffende schwarze Wunder an der Kehle des alten Mannes erkennen, der ein weiteres röchelndes Kichern von sich gab.

Ampiria rang nach Luft und mit einem Schrei erwachte sie aus ihrer Trance. Langsam nahm sie Schattenzorn in ihre Hand und strich mit einem Finger vorsichtig an der Schneide entlang. Sie blickte zu Azzyl und Grmpf und flüsterte eindringlich "...die verbotene Macht hat nicht geschlafen sondern schwelt wie ein Eiterherd!!. Wir müssen aufbrechen…sonst verlieren wir Luzifer an die Dunkelheit..."

 

Kapitel 23: Das Tor in eine neue Welt

29.12.2016 14:01

 

Angstvolle lähmende Stille hatte sich über das Perlenriff gelegt. Nur das nervöse Scharren von Füßen war aus dem Perlmuttsaal zu hören, wo die letzten Vorbereitungen für den Säuberungszauber der kleinen Zwergin Miniela getroffen wurden. Soeben war Drasanx wieder eingetroffen, der auf Geheiß der Magier geriebenes Horn eines Drachenbeserkers von einem Händler erstanden hatte.

Miniela lag wie aufgebahrt auf der eichernen Tafel im Perlmuttsaal. Nichts erinnerte an das heitere Geschepper der Methumpen und Trinkhörner so einiger durchfeierter Nächte, das grölende und ansteckende Lachen von Kamikazezwerg, das selbst den Trunkendsten aus dem Metrausch erweckt. Selbst das Licht der lodernden Fackeln, das von den schimmernden Wänden zurückgeworfen wurde, war kalt und konnte das Düstere im Saal nicht vertreiben.

Stoney hob die Hand um Warrix, der Minielas Kopf in seinem Arm hielt, zu bedeuten er möge sich während des Rituals entfernen. Aber bevor er zu sprechen ansetzte verstummte er wieder und ließ den Arm sinken. Kein Zauberer oder Magie wären mächtig genug um Warrix jetzt von der Seite der kleinen Zwergin zu trennen. Er konnte sich nicht erinnern, dass der Krieger diesen Platz bei Miniela überhaupt jemals verlassen hatte.

Die Magier bildeten einen Ritualkreis um Miniela, ein tonloses Gemurmel setzte ein und schwoll zu einem durchdringenden Raunen an. Abrupt verstummte jedes Geräusch, als Didhero blitzschnell zur Seite sprang und die verdutzte Vio hinter einer Säule hervorzog. Sie überließ sie der Obhut von Drasanx, der Vio mit Nachdruck aus dem Saal brachte. „Ich traue ihr nicht, immer weniger“, sagte Did leise zu Stoney.

Das Raunen nahm wieder an Stärke zu, die versammelten Magier schlossen den Kreis um die bewegungslose Miniela und den vor ihr kauernden Warrix immer enger. Did salbte die bleiche kalte Stirn der kleinen Zwergin mit einem bläulich schimmernden Elexier ein, das die Kraft der Magie und die Verbindung zum mit dem Bösen ringenden Geist der Zwergin verstärken sollte. Stoney runzelte die Stirn. Er fühlte wie ihnen Minielas Geist und auch ihr Lebenswillen immer mehr entglitt. Saabia kam eilig die Treppen zum Saal herauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Sie blickte in die ratlosen Gesichter der Magier und das letzte Fünkchen Zuversicht in ihr erlosch.

Warrix richtete sich leicht auf und murmelte „der Stein, zerstört den Stein der ihr Verderbnis brachte“. Er starrte in Minielas lebloses Gesicht und eine Kriegerträne bahnte sich ihren Weg. Er fühlte unendlichen Schmerz und eine unbändige Energie durchströmte ihn zugleich. Er umschloss den Griff seiner Axt so fest, dass die Gelenke seiner Hand knackten. Nur diese lähmende Hilflosigkeit, den Feind nicht zu sehen und zertrümmern zu können, hinderte ihn daran aufzuspringen und dagegen zu kämpfen, egal was oder wer es ist.

Saabia und Stoney waren zum Gemach der Zwergin geeilt um nach dem Stein zu suchen, von dem Warrix gesprochen hatte. Sie fanden ihn schnell und Stoney erkannte schon an dem violetten Funkeln die darin verborgene zerstörerische Energie der Andermacht.  Er nahm den Stein ohne ihn zu berühren mit Hilfe eines kleinen silbernen Gefäßes auf und sie eilten damit in Richtung Perlmuttsaal zurück. Die versammelten Magier öffneten den Kreis für Stoney, der das Gefäß mit dem Stein fast ehrfurchtsvoll vor sich hielt und zu ihnen trat. Alle Augen waren auf den Stein und das pulsierende Licht gerichtet.

In diesem Moment ging etwas vor sich, etwas wie Elektrizität lag in der Luft und die brennenden Fackeln im Saal strahlten dunkles angsteinflößendes Licht aus. Der Körper der kleinen Miniela bäumte sich auf, ihre Lippen bissen schmerzerfüllt aufeinander und wurden ganz schmal. Die Luft um sie herum begann zu knistern und unheimlich zu leuchten, sie schien eine unbestimmte wabernde Form anzunehmen. Warrix hielt die sich nun mit leisem Wimmern windende Miniela fester, die Augen schreckensweit geöffnet. Saabia stieß einen lautlosen Schrei aus, sie erkannte als erste, was sich da zwischen Ihnen materialisierte.

Es war ein Tor, ein geöffnetes Tor. Schwarzes Licht drang aus seinem Inneren, so dunkel dass es fast blendete. Seine Form schien der geöffnete Rachen einer Schlange zu sein, kurz vor dem tödlichen Biss. Und dieser Rachen wurde bedrohlich größer, wurde zu einem schwarzen alles verschlingenden Schlund. Die Umstehenden waren in Schockstarre gefangen. Sie sahen wie betäubt und zur Bewegungsunfähigkeit verdammt, wie die kleine Zwergin durch das sich gierig öffnende Tor eingesogen wurde. Der hinter ihr kauernde Warrix war bereits in der Schwärze des Schlundes verschwunden.

Ein seltsamer Laut ließ Saabia zusammenzucken. Sie drehte unter Schmerzen den Kopf und sah aus den Augenwinkeln, dass Vio wie ein Schatten heraneilte, etwas Großes vor sich auf ihrem Arm. Sie schwang ihren Arm und mit einem kräftigen Schwung breitete ein Vogel seine Schwingen majestätisch aus und ein blauer Phönix stieg auf und mit einem einzigen Flügelschlag war er in der Schwärze verschwunden. Mit einem lauten Krachen fiel das Tor ins Schloss und in sich zusammen. Die flackernden Fackeln um sie herum zeichneten warme helle Muster auf den Boden des Saales.

Wie benommen standen sie, das Gesehene zu verarbeiten. Darauf waren sie nicht vorbereitet. Saabia warf mit einem Schütteln ihre Schockstarre ab, ihre Hand suchte neben sich nach Stoney.
Aber sie griff ins Leere.

 

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