Der Grmpfkönig

19.09.2020 14:31

 

In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte so oft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen: wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens: und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk.


Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in das Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu 'was hast du vor, Königstochter, du schreist ja dass sich ein Stein erbarmen möchte.' Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Grmpf, der seinen dicken feuchten Kopf aus dem Wasser streckte. 'Ach, du bist es, alter Wasserpatscher,' sagte sie, 'ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.' 'Sei still und weine nicht,' antwortete der Grmpf, 'ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraushole?' 'Was du haben willst, lieber Grmpf,' sagte sie, 'meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.' Der Grmpf antwortete 'deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen und dir die goldene Kugel wieder herauf holen.' 'Ach ja,' sagte sie, 'ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.' Sie dachte aber 'was der einfältige Grmpf schwätzt, der sitzt im Wasser bei seines Gleichen und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.'


Der Grmpf, als er die Zusage erhalten hatte, meinte: „bin dann mal afk“ und tauchte seinen Kopf unter, sank hinab und über ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert. Er meinte dann, „Bitte entschuldigen sie Gnädigste, aber ich muss mir erst einmal noch einen Kaffee machen, grmpf, ohne wird es nichts.“ Nach einiger Zeit kam er erneut an die Wasseroberfläche, war sehr gestresst und meinte: „Nachsichtigste Hoheit, ihr müsst mir verzeihen, aber ich vergaß weshalb, grmpf…. äähm.. ich hinab getaucht. Die Prinzessin, leicht angezickt reagierte: „ Es war ja klar, das ein solcher Wasserklops wie du einer bist, mir nicht helfen können wird. Der Grmpf, sichtlich getroffen von den schroffen Worten, lächelte sie weg und tauchte noch einmal hinab. Als er nun, nach sehr langer Zeit die Oberfläche erreichte, hatte er die Kugel im Maul und warf sie ins Gras und macht grmpf. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. 'Warte, warte,' rief der Frosch, 'nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du.' Aber was half ihm dass er ihr sein grmpf grmpf so laut nachschrie als er konnte! sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Grmpf vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinab steigen musste. Er grollte ihr nicht lang, hatte er ja schließlich noch vieles Andere zu erledigen.


Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe herauf gekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief 'Königstochter, jüngste, mach mir auf.' Sie lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Grmpf davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst. Der König sah wohl dass ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach 'mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa eine Archna vor der Tür und will dich holen?' 'Ach nein,' antwortete sie, 'es ist keine Archna, sondern ein garstiger Grmpf.' 'Was will der Grmpf von dir?' 'Ach lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Grmpf wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm er sollte mein Geselle werden, ich dachte aber nimmermehr dass er aus seinem Wasser heraus könnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.' Indem klopfte es zum zweiten Mal und rief


'Königstochter, jüngste,
mach mir auf,
weißt du nicht was gestern
du zu mir gesagt
bei dem kühlen Brunnenwasser?
Königstochter, jüngste,
mach mir auf.'

 

Da sagte der König 'was du versprochen hast, das musst du auch halten; geh nur und mach ihm auf.' Sie ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Grmpf herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief 'heb mich herauf zu dir.' Sie zauderte bis es endlich der König befahl. Als der Grmpf erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er 'nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.' Das tat sie zwar, aber man sah wohl dass sie es nicht gerne tat. Der Frosch ließ es sich gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bißlein im Halse. Nach dem ersten Run fragte er gar höflich: „Könnte ich denn bitte sehr, ein Käffchen bekommen und danach ein Dessert?“ Das Mahl zog sich lang und der Königstochter war noch immer bang. Der Grmpf genoss in vollen Zügen, und nahm fast alles mit, er ließ selten etwas liegen, nur einmal die Pommes Frites. Endlich sprach er 'ich habe mich satt gegessen, und bin müde, nun trag mich hinauf in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.' Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Grmpf, den sie nicht anzurühren getraute, und der nun in ihrem schönen reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach 'wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.' Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach 'ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sag’s deinem Vater.' Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand, 'nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Grmpf.'

Als er aber herab fiel war er kein Grmpf, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und Niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein' und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen heran gefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf, und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Steray. Der treue Steray hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Grmpf verwandelt worden, dass er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Steray hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf, und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn dass es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief


Steray, der Wagen bricht.'
'Nein, Herr, der Wagen nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als ihr in dem Brunnen saßt,
als ihr ein Grmpf wart.'


Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Stery absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war.